Was bedeutet das Akronym CQC?

Die genaue Begriffsbestimmung des Akronyms CQC (engl. Close Quarters Combat) gestaltet sich in der deutschen Sprache wesentlich schwieriger, als man zunächst annehmen würde.

Im Englischen wird CQC relativ eindeutig mit den Begriffen military unarmed combat (MUC), military self defense (MSD), hand-to-hand combat (H2H) be-bzw. umschrieben. Dadurch wird die Abgrenzung  von den Begriffen martial arts (Kampfkünste) und sogenannten combat sports, wie Boxen, Ringen und Mixed Martial Arts (MMA) deutlich.

In der deutschen Sprache existiert diese begriffliche Abgrenzung nicht. Die Begriffe waffenlose Selbstverteidigung (WSV), waffenloser Kampf (WK), Kampfsport und Kampfkunst werden nahezu ausschließlich synonym verwendet.

Die folgenden Ausführungen sollen einen Beitrag zur besseren Einordnung des Akronyms CQC leisten.

Close Quarter Combat kann im weitesten Sinne, aus militärischer Perspektive betrachtet, als die Wissenschaft vom waffenlosen Kampf beschrieben werden. Der dabei zugrundeliegende Wissenschaftsbegriff sollte als „offen“ verstanden werden.

CQC muss als eine quasi lebendige und sich kontinuierlich weiterentwickelnde Struktur verstanden werden. Genauso wie Menschen stets und ständig neue Waffensysteme entwickeln, so muss auch der waffenlose Kampf dieser Entwicklung berücksichtigen.

Welchen Kriterien muss ein authentisches militärisches CQC System gerecht werden und wie lassen sich diese Aspekte auf den zivilen Kontext übertragen?

CQC muss messbare und überprüfbare Resultate liefern. Techniken und Taktiken, die im Rahmen des CQC-Trainings vermittelt werden, müssen sich sowohl unter Testbedingungen als auch im realen Einsatz wiederholt bewährt haben. Darin zeigt sich bereits der zugrundeliegende wissenschaftliche Charakter. Für die Überwindung aktueller Bedrohungsszenarien ist es irrelevant, was angeblich vor Jahrhunderten unter vollkommen anderen Bedingungen, wie zum Beispiel Ausrüstung und Bewaffnung, funktioniert haben soll.

Es ist weithin bekannt, dass gerade aus den Erfahrungen der beiden Weltkriege maßgebliche technische und medizinische Erkenntnisse und Innovationen hervorgegangen sind, die den zivilen Kontext nachhaltig geprägt haben. Die zivile Nutzung des Internets ist das wahrscheinlich prominenteste Beispiel.

Zwischenmenschliche Gewaltausübung zeigt sich in ihrer deutlichsten Form in kriegerischen Handlungen. In der Konsequenz kann eine Antwort auf massive gewalttätige Bedrohungslagen im zivilen Kontext nur aus den Quellen kommen, die in dem gleichen kriegerischen und quasi „unzivilisierten“ Kontext handeln mussten.

CQC-Training muss weiterhin Terrain, Lichtverhältnisse und z.B. Ausrüstung des Handelnden berücksichtigen. CQC Techniken und Taktiken müssen die Faktoren Stress, Verletzung, Erschöpfung und Krankheit berücksichtigen.

CQC-Techniken und Taktiken müssen weiterhin in Einklang mit den Prinzipien und Anwendungen des bewaffneten Kampfes (engl. CQB / Close Quarter Battle) stehen und die Neutralisierung des Gegners bzw. Feindes als Ziel haben. Der Begriff Neutralisierung schließt je nach Handlungsvorgabe (SOP / Standard Operating Procedures) auch letale Anwendungen ein.

Welche Lektionen lassen sich aus der militärischen Anwendung auf den zivilen Kontext übertragen?

Der waffenlose Kampf wird auch in militärischen Kreisen häufig skeptisch betrachtet und mit der Aussage: „Wenn ich in den waffenlosen Kampf muss, dann ist im Vorfeld schon soviel schief gelaufen; bzw. dann habe ich die letzten 100 m einiges falsch gemacht.“ Diese Aussage ist auf den ersten Blick zutreffend und weitestgehend richtig. Primäre und sekundäre Waffensysteme tragen diese Bezeichnung nicht ohne Grund. CQC-Training stellt eine Notfalloption dar, auf die zurückgegriffen werden kann und muss, wenn alle anderen Optionen nicht oder nicht mehr verfügbar sind. Aus diesem Grund basieren authentische CQC-Techniken auch auf Handlungsabläufen, die im Zustand massiver Erschöpfung und körperlicher Einschränkung noch ausführbar sind. Im zivilen Kontext gewinnen diese Notfalloptionen aufgrund der vorliegenden Gesetzeslage an Priorität.

Als Zwischenfazit kann folgendes festgehalten werden:

CQC-Training ist im Wesentlichen ein Maßnahmenpaket für Notfallsituationen im ursprünglich militärischen Kontext in denen bewaffnete Anwendungen nicht bzw. nicht mehr möglich sind.

Erste-Hilfe-Training (First Aid Training) stellt das Äquivalent im zivilen Kontext dar.

Überspitzt formuliert kann CQC Training als Letzte-Hilfe-Training (Last Aid Training) verstanden werden.

Alles was bei Erste-Hilfe Maßnahmen getan wird um den Patienten zu stabilisieren, wird beim CQC-Training umgekehrt, um den Gegner bzw. Feind zu destabilisieren.

Medizinische Rettungskräfte arbeiten ähnlich wie militärische Einsatzkräfte nach standardisierten Handlungsabläufen (SOPs).

Gerade in der Notfallmedizin hat sich in den vergangenen Jahren die Arbeit mit Checklisten und Algorithmen im Rahmen des CRM-Trainings (Crew Ressource Management) bewährt und etabliert. Diese Handlungsanweisungen wurden von der zivilen Luftfahrt entlehnt, welche ihrerseits auf militärische Erfahrungen zurückgreift. Somit schließt sich der Kreis zivil-militärischer Zusammenarbeit.

Medizinische Rettungskräfte werden ausgebildet nach Eingang des Notrufs zunächst die Lage zu beurteilen. Dabei wird auf das Akronym 3S (Scene, Safety, Situation) bzw. 4S (Scene, Safety, Situation, Support) zurückgegriffen. Im Anschluss daran wird der Patient im Rahmen der Primary Survey (Ersteinschätzung) mittels eines ABCDE-Schemas betrachtet.

Zunächst werden die Atemwege (A), Belüftung (B), (C) Kreislauf (engl. Circulation), neurologische Defizite (D) und erweiterte Maßnahmen (E) abgeprüft um den Patient zu versorgen.

Im CQC Kontext werden diese Vitalsysteme als primäre Zielregionen attackiert. Atemwege werden gezielt verlegt, Belüftung wird unterbunden, der Kreislauf wird unterbrochen und neurologische Defizite mittels gezielter Traumatisierung hervorgerufen.

CQC-Training im zivilen Kontext ist in der Konsequenz ein Notfallsystem für die Bewältigung von akuter Bedrohungslagen durch massive Aggression und Gewalttätigkeit, wenn keine andere Hilfe verfügbar ist bzw. noch nicht verfügbar ist (Polizei) und alle anderen Optionen (Flucht, verbale Kommunikation, etc. ) erschöpft sind.

CQC-Training ist genauso wie Erste Hilfe Training ein Maßnahmenpaket für verantwortungsvolle und verantwortungsbewusste erwachsene Personen, die in der Lage sein wollen akute Gefahrenlagen bewältigen zu können um Schaden von sich bzw. Dritten abwenden zu können, bis professionelle Hilfe die Lage übernehmen kann.